Von Monika Jarju
Hellbeleuchtet der Bahnhofseingang, die Tür offen, Gaststättenlärm. Wir treten ein. Kellner eilen vorüber, Tabletts auf den Armen, Geschirr und Speisen. Da sitzen wir nun, wo wir nicht sitzen wollten und lesen uns vor. Nichts als Zeichen und Texte.
Wie uncharmant der Kellner, beschwert sich Gerd. Aus meinem grauen Pappkoffer hole ich einen Tischläufer heraus und breite ihn auf dem dunklen Holztisch aus.
Dennoch, wir zweifeln am Essen und an der Literatur, und kommen von nun an immer wieder her.
Frühzeitig bin ich da, sage einen Zauberspruch auf und siehe da: Aus meinem Koffer fliegt ein eleganter Tischläufer heraus, bordeauxfarben, ein Pfeffer-und-Salz-Muster; er bedeckt den schäbigen Tisch. Das hilft nicht wirklich.
Dann eines Morgens schon nach Acht, ich warte, kein Mensch kommt. So sitze ich eine Weile in der zugigen Halle, ziellos laufen Kellner herum, Gäste strömen herein und gleich wieder hinaus.
Durch bodentiefe Fenster schaue ich ins Stadtzentrum, ein leerer Platz frühmorgens, ohne absehbares Ziel. Ich sitze in dieser Bahnhofshalle und lese wie in einem Zwischenraum, wo nicht mal der Kaffee schmeckt. Und als keiner kommt, gehe auch ich.
©2021 Monika Jarju
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