Von Lena Kelm
Magda ist noch nicht da. Sie müsste längst von der Reha zurück sein, überlegt Ines. Sie kennt ihre Nachbarin. Magda kann ziemlich chaotisch sein auf ihre liebenswerte Weise. Aber die gegenseitige Nachbarschaftshilfe funktioniert reibungslos. Magda gießt die Blumen auf Ines Terrasse und Ines und ihr Mann Tom kümmern sich um die beiden Katzen während ihrer Abwesenheit.
Gestern wollte Magda anrufen, ihre Ankunft ankündigen und heute Ines ihr die Schlüssel zurückgeben. Abwarten, denkt sie, doch was wird aus den Katzen, falls etwas schiefläuft?
Ines geht die Treppe hinunter und schließt Magdas Wohnung auf. Sie stutzt. Komisch, die Katzen kommen ihr nicht wie sonst erwartungsvoll miauend entgegen. Ob sie ihr übelnehmen, dass sie gestern nicht da war? Die Stille ist unheimlich. Kein Geräusch. Ines vergewissert sich, das Schloss wurde nicht aufgebrochen. Vielleicht sitzen die Katzen in der Küche? Vorsichtig geht Ines den Flur entlang, vorbei am Wohnzimmer, dem Arbeitszimmer, dem ehemaligem Kinderzimmer, der Kammer, dem Bad. Plötzlich hört sie ein kaum definierbares leises Jaulen. Die armen Katzen, denkt Ines, sie wollen von mir gefüttert und gestreichelt werden.
Die Tür zum Schlafzimmer steht einen Spalt offen, das Jaulen wird lauter. Vorsichtig öffnet sie die Tür – und erstarrt. Im Bett liegt Magda mit einem Mann. Eine unmissverständliche Lage! Ines flieht leise zum Ausgang. Mit einem Seitenblick erfasst sie die Katzen auf der Terrasse. Atemlos rennt sie die Stufen zu ihrer Wohnung hinauf.
Tom beruhigt sie. „Ist doch nichts passiert. Magda hat einen Kurschatten mitgebracht. Sie hatte es eilig. Du hättest nicht weiter gehen sollen, als dir unheimlich wurde. Warum hast du mich nicht geholt? Du hättest sie später anrufen können.“ – „Dumm gelaufen“, gibt Ines zu und ärgert sich über Magdas Gedankenlosigkeit. Warum hat Magda nicht kurz angerufen? So viel Zeit muss sein, das macht man doch nicht!
Nach der Episode haben sich die Frauen ausgesprochen und Magda hat sich bei Ines entschuldigt. Die Nachbarschaftsdienste werden weiterhin gepflegt.
©2021 Lena Kelm
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