Von Regine Wendt
Er ist nah, ganz nah. Er spricht mit mir, oder spricht er über mich mit sich. Er spiegelt sich in mir. Sieht er sich, hört er sich, Ich schaue ihn an. Ich nehme wahr, ich taste mich heran, betaste. Ganz nah, aber was ist es, was sich so nah anfühlt, vertraut und sicher. Fühle ich mich in der Nähe selbst nur nah.
Dann ist es vorbei, eine Unbedachtsamkeit und schon ist es zerstört das Gefühl der Nähe, es bleibt ein diffuses Ahnen von Gefahr.
Wie ein Phantom, kommt und geht es. Wiederholbar.
Schnelle Schritte. Sie läuft mir hinterher, sie holt mich ein. Ich wusste, du bist es. Sie weint, sie ist noch so jung, so verletzlich fühlt sie sich an. Ihr Kummer bricht heraus, Worte stoßen zu mir. Ich nehme sie in den Arm, wiege sie. Impulsiv, ich fühle, es ist richtig so. Dann macht sie sich los, rennt davon. Wochen später verlässt sie den Raum, als wir uns zufällig begegnen. Entschwunden erst mal.
Zurück bleibt ein Schmerz.
Ein Phantomschmerz.
Ich suche die Distanz, die mich gegen Nähe schützt.
Ich werde eine Mauer bauen, vielleicht übersteigt sie jemand. Ein Phantom sicher nicht, in Mauern spiegeln sie sich nicht.
© 2021 Regine Wendt
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