Von Regine Wendt
Zwei unterhalten sich, ich bin draußen, sozusagen draußen hinter der Tür. Was bleibt in mir ist das Wort Ästhetik und was ich damit verbinde. Ein Brocken, der übrig geblieben ist für mich. Fast genug.
Ich sitze im Garten, es ist heiß und die Vögel singen, lautlos die Nachbarn, sicher schlafen sie bei der Hitze.
Mit geschlossenen Augen sehe ich das Bild. Ein Messer, dick und braun liegt der Schaft in meiner Hand, die scharfe Klinge funkelt im Licht, elegant geschwungen, die Spitze perfekt. Das Licht hebt die Schärfe hervor, lässt sie kalt glitzern, ästhetisch die Linienführung, absolut ausgewogen. Dann sehe ich den Schnitt, gezielt in weißes Fleisch, glatt, tief und an den Seiten das hervorquellende Blut. Rot im Weiß, nicht gezackt, nicht verpfuscht, richtig. Die Spitze des Messers gezielt auf den Punkt gebracht, tief, grausam, schnell. Ein greller, kurzer, endgültiger Schmerz.
Einen Augenblick verweile ich in der Ästhetik des Messers, doch schon schiebt sich ein anderes Bild darüber, als dürfte ich diese Perfektion, die erschauernde Sinnlichkeit nicht genießen.
Auf weißem Untergrund eine rote Erdbeere, feucht strahlt das Rot, ein Lichtreflex, ein frischer grüner Blätterkranz. Formvollendet liegt sie da, Ästhetisch schön, voll reif, ideal. Spürbar der verborgene köstliche Saft. Im Verborgenen schiebt sich das Empfinden der feuchten Vagina hervor. Die Saftigkeit und ihre Schönheit, nur als Sakrales, als Auskosten der Weichheit ohne ein direktes Bild. Eine Wahrnehmung die einzig auf das Kostbare, die Verehrung bezogen ist.
Mit beiden Bildern verbindet sich für mich der Begriff Ästhetik mit der Wahrnehmung des Schönen in den Dingen und Handlungen über sie hinaus im Transzendentalen, was für mich im Schönen innewohnt. Wobei Schönheit nicht nur ein Begriff von gut und böse sein muss, sondern in der sie von dem Einzelnen auf seine Weise empfunden werden kann, die Fantasie belebt und damit lebendig wird.
Letztendlich empfinde ich Ästhetik, wenn ich einer Formvollendung, Vollkommenheit, einem Schönheitsideal begegne, das meiner Vernunft und meinem Gemüt entspricht. Als verinnerlichtes Gefühl suche ich über dies hinaus nach mehr, nach der Transzendenz, die mich dahin führt, wo ich eine noch stärkere absolute Befriedigung im Genuss des Schönen finde, einen Abschluss der Sinnlichkeit in ihm, im höchsten Empfinden sogar ein Gefühl der Heiligkeit.
© 2021 Regine Wendt
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