Schnittstelle

Von Monika Jarju

Ein riesiger Mond, weiß wie Milch, steht dicht vorm offenen Fenster. Sein scharfer Schein rötet meine Haut. Ich habe Mondbrand!

Im Treppenhaus fegt ein Afrikaner, er unterhält sich mit sich selbst und den Hausbewohnern. 6000 Unterschriften gegen seine Ausweisung sammelt er. Ich unterschreibe.

Aus Hauseingängen strömen Menschen auf die Straße, versammeln sich vor einem Jazz-Klub. „Solche Musik spielte man früher, die gibt es nicht mehr“, seufzt einer.

Neben der Wasserpumpe schneidet ein Afrikaner Unkraut mit einer Machete, ein anderer füllt Blechkannen voll Wasser, Leute nehmen sie ihm ab.

Schnee fällt, bedeckt im Nu alles. „So früh schon?“ – „Wenn es zu schneien beginnt, hört es nicht mehr auf“, behauptet ein anderer.

Überwacht von Videokameras wird eine Gruppe Ausländer in einen Käfig getrieben. Während die Flüchtlinge ihr Essen auspacken, zerstört eine der Frauen die Kamera, sie verletzt sich schwer. Ich rufe den Notarzt. Meine Freundin wird wütend, sie schießt auf mich. Ein Warnschuss!

Flüchtlinge, Ausländer wie ich, werfen Kleidungsstücke in die Luft. Die aufgeknöpften Hemden bäumen sich auf, fliegen über uns hinweg.

„Wie bist du hergekommen?“ Mein afrikanischer Freund bleibt stumm. Seine Haut ist fahl, spröde wie Papier, waren seine Augen immer schon so schmal? „Mit dem Schiff?“ Er antwortet nicht. Schweigend gebe ihm alles Geld, das ich bei mir habe.

© 2021 Monika Jarju
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