Vorm Haus

Von Helmut Blepp

Du willst zu diesen Leuten, Fremder? Tu´s nicht! Ich flehe dich an, tu´s nicht! Du kommst aus der Ferne, aus einer Welt, die hier längst untergegangen ist. Kehr um! Du kennst sie nicht, diese schreckliche Familie, die hier lebt. Diese Leute sind anders, sind immer anders gewesen. Sie bringen dir kein Glück!

Was willst du von dem jungen Irren, der tagaus, tagein die Trommel schlägt, um die düsteren Schatten zu verscheuchen, die ihn bedrängen im Bett und unterwegs? Von ihm, dessen Trommel dröhnen muss, da er sie für sein Herz hält?

Was willst du von der Alten, die alles kocht, was nur genießbar ist, die ohne Unterlass ihr Feuer schürt und nährt mit feuchtem Laub? Von ihr, die Rauch erzeugt, um weinen zu können um ihr Feuer?

Was willst du von dem Vater, dessen Bart vergilbt und dessen Hände zittrig sind, der die Katze prügelt, weil seine Frau die Hiebe wortlos nimmt? Von ihm, dessen Leben vom Schmerz der Kreatur abhängt?

Was willst du von der Kleinen, die mit geöffneten Knien in der Küche sitzt, von ihr, deren Sehnsucht in ihrem Schoß erstickt, trotz ihres Fingers, der seine heiße Herberge liebt? Von ihr, deren Blick immer leer und deren Schenkel immer feucht sind in der Küche?

Was willst du von diesen Leuten, Fremder, die nur leben, weil sie nicht sterben können, die nur wachen, um nicht schlafen zu müssen, da ihr Schlaf stets den Tod erträumt? Von ihnen, die auf immer gemeinsam und dennoch einsam leben in diesem öden Haus?

Kehr um, Fremder, bevor die Tür sich öffnet und die Kleine mit dem feuchten Finger dich erblickt! Kehr um, bevor die Katze faucht und Rauch aus allen Fenstern dringt! Ich bitte dich, kehr um, denn seit Minuten schon dröhnt meine traurige Trommel nicht mehr, und der Schmerz in meiner Brust löst mir die Zunge.

© 2021 Helmut Blepp
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