Meine Winterreise. Die Seelenberührung

Von Pawel Markiewicz

Ein superbes Dörfchen meines Freundes ist immer bildschön im Sommer. Das wissen alle Landleute. Eines Tages im Winter kam ich ins pittoreske Dorf an, um zu sehen, ob dies Dorf auch im Winter holdselig-liebevoll aussieht. Alle Häuser waren damals mit viel Schnee bedeckt. Eine Kälte herrschte überall. Dorfstraßen waren fast gesperrt, sodass keinerlei Wagen fuhren. Ich fragte einen Unbekannten, wo das Haus meines Freundes stand. Ich kannte die Straßennummer, aber ich konnte mich in Wirklichkeit nicht so gut hier zurechtfinden, weil alles anders als vor Jahren schien. Nur Gefühle blieben lebendig. Ich klopfte an eine Tür des Freundhauses, aber ein fremder Mensch sagte, dass der Freund an einen anderen Ort umgezogen war. Ich war ein bisschen traurig. Ich suchte eine Wiese, wo ein Teich des Freundes, hinter dem Dorf, lag. Ich fand dort keine Menschenseele, keinerlei Tiere. Die Welt schien gefroren zu sein, entseelt, als ob eine böse Fee schöne Spuren der Ewigkeit im Schnee begraben ließ. Ich schaute auf diesen Teich hin. In meiner Seele begannen Seelengeister ihre Reisen in die Vergangenheit, in jene schönen Zeiten, als der Freund seine Träume entfesselt hatte, sodass sie wie Bienen oder Zünsler ringsum zu fliegen vermochten. Ich fragte mich, ob man Sehnsucht spürte. Ich suchte die zaubervollen Sehnsuchtsspuren im Schnee, so wie Spuren eines Wölfchens. Im gefrorenen Teich waren Träume auch gefroren. Der Teich war kalt, aber er gab eine heiße Insel in meinem Herz. Die Seelenberührung erwachte in mir, sodass der Winter feuerrot und heiß zu sein schien. >Lieber Teich!< sagte ich. >Im Winter bist du ein Spiegel des Daseins, der Liebezauber und ein Orakel der Träume. Ich möchte, dass du ewig bist.< Naja. Ich habe darüber nachgedacht, ob das Eis im Teich Spuren einer Winterfee aufwies. Ja, die Zauberspuren der Winterfee fuhren vom Teich bis zu einem Felsen in einem heimeligen, anheimelnden, hehren Wald, dem Päwelchen-Steinlein. Dort hatte diese Fee einen Brief, in einem goldenen Umschlag, mir zuliebe hinterlassen, mit zwei zarten Sätzen: >Der Winter ist wie ein Förster. Er sammelt die Geweihe dieser Welt und trägt die Träume wie ein einsames Boot hin<. Ich bin ebenfalls ein Waldesmann, der Hoffnungen auf Freiheit hegt. Die Winterspuren sind eben Spuren meines Freundes, immerwährend und doch ersichtlich, erhofft. Sie lieben ein Sehnsuchtsfeuer, das kälter als der Schnee funkelte. Ohne viel nachzudenken, verließ ich dies Dörfchen mit gefrorenen Händen, indem ich eine aufgeblühte Sternblume am Busen hatte, die der neue Freund, und zwar: der Winter an mich schenkte. Die Berührung ist gefroren nicht für immer. Denn nach Wintermonden kommt ein Lenz mit seinem Zauber an. Und in Mondenschwärmereien bin ich da und ich finde Freund immer wieder – den ewiglich Verzauberten.

© 2021 Pawel Markiewicz
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