Das Lied vom schnellen Geld – frei nach «Der Zauberlehrling» von Johann Wolfgang Goethe

Von Hans Peter Flückiger

Rastlos surrend. Nähmaschinen
In stickig heissen Hallen.
Viel Müh‘, um wenig zu verdienen.
Sklavinnen von Vasallen.
Die Konkurrenz ist gross,
A und B, und erst der Zett.
Da ist einiges los.
Absolut nicht nett.

Wachset, wachset
Kontostände!
Ohne Ende,
Uns zur Freude.
Rifat, Dola und Raxet,
Was schert uns euer Leide?

Der «Maestro» – nicht zu schlagen!
«CR7», und erst «der Floh».
Was soll man zu diesen sagen?
Die Grössten sind’s – sowieso.
Sie füllen Stadien,
Und erst recht Hallen.
Seitendick die Medien.
Vielen tuts Gefallen.

Der Rubel rollt.
Im Übermass!
Aber es macht Spass.
Brot und Spiele.
Ein Spielverderber, der da schmollt.
Profit für wenige, nicht für viele.

Es ist ein Gebot der Stunde.
Die Erde ist zum Dorf geworden.
Da geh‘n wir vor die Hunde.
Das macht uns echt grosse Sorgen.
Investoren klagen.
Wollen ihren Lohn.
Was soll man da sagen?
Da bleibt nur – Fusion.

Übernehmt euch nicht
Mit Übernahmen.
Das gibt Dramen.
Ene, mene, muh.
Das ist ’ne leidige G’schicht.
Wir bedauern – aber raus bist du.

Lasst uns munter spekulieren.
Nichts wird uns dabei heilig sein.
Was können wir schon verlieren?
Das interessiert kein Schwein.
Es ist gottgegeben.
Wir wollen Profit.
Entschieden unser Streben.
Darum her damit.

Staatsverschuldung,
Gold und Silber,
Brot für Kinder.
Was ist da los?
Für Kritik gibts keine Duldung.
Unser Leben ist grandios.

Wozu Skrupel und Bedenken?
Jeder bekommt was er verdient.
Unser Verdienst ist wohlverdient.
Wir lassen uns nicht beschränken,
Wissen, was sich für uns geziemt.
Schutz unsrem Kapital.
Dank Offshore-Helfern.
Diskret und optimal,
Da hilft kein belfern.

Überall sind wir. Unser Revier!
Die Kasse klingt
Und klingt und klingt.
Was denken sie?
Die wahre Regierung sind wir.
Eine globale Dynastie.

Wer möchte sie denn missen,
Unsere liebe Mama Staat?
Ach, wie ist sie so beflissen,
Dass alles ihre Ordnung hat.
Bürokraten-Heere
Exerzieren rum.
Was, wenn ich mich wehre?
Ich bin doch nicht dumm.

Geldbeutel auf
Ihr dort drüben.
Kommt ihr Lieben.
Wenn es nicht reicht
Gehn Steuern und Gebühren rauf.
Das machen wir locker und leicht.

Ran an die Bonzen-Tresore,
Lebe hoch, Proletariat.
Schluss mit der Polit-Folklore,
Nieder mit dem Patriziat.
Reiche immer reicher.
Widerstand ist Pflicht.
Arme immer bleicher,
So etwas gibt es nicht.

Post von weit her.
Tante Lenchen
Ist verblichen.
Nein – bitte nicht,
Jetzt bin ich Multimillionär!
Was mach ich nun, ich armer Wicht?

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© 2022 Hans Peter Flückiger
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