Die Wanderratte

Von Ellen Marion Maybell

Was die Wanderratte
noch zu sagen hatte.
Natürlich bin ich eine Ratte.
Und ich bin auch rattenscharf.
Nö, ich frag nicht, ob ich darf.

Nie hat eine mich geschasst,
wenn ich röhre im Morast.
Wenn ich wühle in Kanälen
könn‘ se auf mich Platz-Hirsch zählen,
weil sie eh nix andres wählen.

Hört ihr nicht das heiße Quieken
nach der Ratten-Schärfe-Fieken.
Wenn sie stieken in Kloaken,
wo sie sich für mich verhaken
und im Dunkel flirrn wie Schnaken.

Wie sie Gulli-Deckel schieben.
Oben könnt‘ so keiner lieben,
hauchen sie mit SEHNEN-SUCHT,
und dann finden, was gesucht
nach der Zentner-Platt-Gewucht.

Für den Abstieg zu mir runter.
Und ich gier von unten drunter,
diesen schwer geschwoll’nen Bienchen,
wenn sie brennend wie Kaninchen
herfall’n über mich putzmunter.

Dann ist der Kanal geflutet.
Alles keucht und alles glutet.
Alles husch-husch aus dem Häuschen.
Zwischendrin ein kleines Päuschen
für ein watteweiches Bäuschen.

Meine Stellung? Rattengeil
im BITCHEN-nassen Tropfen-Pfeil.
Doch die ist nur ein erster Gang.
Im Zweisam allsamt Wöhlchen feil
hinzu zum Hausmannskosten-Teil.

Erst mit’m Hündchen uff de Gasse,
geb‘n sie vor: noch frische Luft.
Und dann hoch bei mir die Tasse
in die Abstiegs-Gruften-Masse
wenn ALARM in Not sie ruft.

High-Heels, tack, tack, in die Brühe,
denn mein Rattenbiss ist heiß.
Im Morast geb ich mir Mühe,
denn ich weiß ja, wie ich beiß.
Ich bin supergut, kein Scheiß.

Konventionen, Gott, wie scheußlich.
Sind doch alle rattenscharf.
Tun nur so, die Tanten, häuslich.
Doch bei mir werd’n Graue mäuslich.
Blümchenwiesen. Kein Bedarf.

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© 2022 Ellen Marion Maybell
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