Von Anna B.
Yvonne schon 19 Jahre alt und noch immer Jungfrau. Bisher hat sie alle Männer mit Schimpf und Krallen von sich abgehalten. Als sie nach Wien zum Studieren kam, wollte sie diesen Widerstand in sich brechen und schaute sich in den Vorlesungen um geeignete Kandidaten um. In einem Anthropologie-Proseminar drehte sie sich zufällig um und entdeckte ein äußerst geeignetes Objekt für ihr Vorhaben. Groß, blond, weiche Gesichtszüge, freundlich lächelnd, schöne Hände. Sie erfand eine Frage zu dem Schädel, der vor ihr auf Vermessung wartete und der sicher schon etwas ältere Kollege war sofort behilflich. Er verriet ihr nach der Lehrveranstaltung, dass er Michael heißt und erklärte ihr, dass im Nationalsozialismus anhand von Schädelproportionen versucht wurde, die Bevölkerung in Rassen einzuteilen, um damit die Tötung „unwerten Lebens“ im Rahmen der Aktion T4 zu bekräftigen. Sie fand das gruselig und interessant zugleich und wollte mehr wissen. Michael und Yvonne gingen in die Kantine beim Audi Max und unterhielten sich längere Zeit über Anthropologie und die Altnazis in der Professorenschaft. Gegen Abend verabredeten sie sich zu einem Treffen in den kommenden Tagen. Es war Anfang Dezember und schon recht kalt. Trotzdem spazierten sie durch die Stadt, gingen plötzlich Hand in Hand und küssten sich schließlich intensiv vor dem Denkmal von Maria Theresia.
Sie trafen einander öfter und knapp vor Weihnachten beschlossen sie, in den Ferien gemeinsam ein paar Tage sich auf einem Berg südlich von Wien zum Schifahren zu begeben. Yvonne hatte keine Ahnung über das Gebiet und behauptete, den Sport ganz gut zu beherrschen. Michael holte sie zur Abfahrt mit seinem Auto ab. An der Talstation der Rax zogen sie sich um; mit Schiern auf den Schultern und Rucksack auf dem Rücken fuhren sie mit der Seilbahn hoch. Yvonne dachte nach einem kurzen Fußmarsch wären sie bei der Hütte und könnten gemütlich essen und Glühwein trinken. Michael hatte ein anderes Ziel und sie widersprach ihm nicht. Am Tag davor und in der Nacht war Schnee gefallen, alle Wege und Forststraßen waren völlig verschneit, die beiden mussten sich von Orientierungsstab zu Orientierungsstab fortbewegen. Sie hatten keine Felle an den Schiern, was das Hatschen manchmal zur Rutschpartie werden ließ. Nach kurzer Zeit stellte Michael fest, dass Yvonnes Können auf den Brettern ziemlich begrenzt ist, hielt aber an seinem Plan fest, die letzte Hütte auf der Rax zu erklimmen. Nach ca. zwei Stunden Marsch kamen sie vom Weg ab und mussten sich am Rand felsiger Abgründe weiter hoch hanteln. Die Schier hatten sie jetzt abgeschnallt. Yvonne wurde sehr müde und durstig. Michael hatte eine Zitrone dabei, die sie gemeinsam auslutschten. Er nahm auch ihre Schier auf seine Schultern; jetzt konnten sie etwas schneller weiter gehen. Die Wegstangen waren auch wieder da. Aber bis zum Ziel war es noch ein gutes Stück durch den Schnee. Nach insgesamt fünf Stunden hatten sie es geschafft, es dämmerte schon. Die Eheleute, die die Hütte bewirtschafteten wunderten sich über die Ankömmlinge aus Wien, sie waren die einzigen Gäste seit Tagen. Es wurde Suppe, Wurst, Käse und Tee mit Rum serviert und ein Zimmer vorbereitet, in einem kleinen Ofen wurde Feuer gemacht. Michael und Yvonne warteten mit den Wirtsleuten in der Stube, bis das Zimmer warm werden sollte. „Einmal noch nachlegen“, sagte die Wirtin. Yvonne bot an, dass sie das erledigt, ging hinauf und legte ordentlich Kohle nach und wusch sich notdürftig mit kaltem Wasser. Nach ungefähr einer Stunde meinte Michael, es wäre Zeit um Schlafen gehen. Yvonne war etwas aufgeregt, es wird ja ihre Nacht der Defloration werden. „Gute Nacht allerseits!“ Oben angelangt überraschte sie ein kalter Hauch. Der Ofen war ausgegangen, Yvonne hatte das Feuer erstickt. Es hatte sicher nicht mehr als 4° C im Raum. Michael war etwas sauer, blieb aber ruhig. Die beiden zogen sich so weit aus, dass die Geschlechtsteile nackt waren und krochen bibbernd unter die Decken. Nach ein bisschen Schmusen und küssen, ging Michael ans Werk ohne zu wissen, dass unter ihm ein noch unberührtes Mädchen liegt. Er erschrak, als er es merkte, es war für ihn eine Premiere, die er aber gut hin bekam. Yvonne blutete leicht, nach ein paar kurzen schmerzhaften Augenblicken genoss sie, was da mit ihr geschah. Arm in Arm schliefen die beiden ein.
Sie erwachten im kalten Zimmer, wuschen sich nur ganz kurz und gingen zum Frühstück, danach machten sie sich auf zur ersten Skitour. Weit und breit kein Lift, außer einer Materialseilbahn. Michael kannte die Gegend offenbar schon und führte Yvonne zielstrebig zu einem Hang, der nicht all zu steil und lang, aber ebenso jungfräulich wie Yvonne noch am Vorabend war. Pisten treten war jetzt angesagt. Dabei wurde ihnen ziemlich warm. Beim Hinunterfahren schämte sich Yvonne für ihre doch ziemlich beschränkten Künste, während Michael wie ein Gott in knapp einer Minute hinunter wedelte. Ein paar Mal fuhren sie die selbst getretene Piste hinunter, dann war Yvonne müde und bat um Rückzug in die Hütte. Die Sonne schien vom Westen schräg auf sie hinunter, auf der anderen Seite blickte sie ein schöner silbrig glänzender Halbmond an. So etwas hatte Yvonne noch nie gesehen und wurde plötzlich ganz glücklich. Michael hielt seine Stöcke in die Luft und jubelte ihr entgegen.
Sie blieben noch zwei weitere Nächte, diesmal im warmen von der Wirtin geheizten Zimmer. Tagsüber verbrachten sie einige Stunden im Schnee. Am dritten Tag war der Abstieg schon leichter, der Weg war besser zu sehen und die Strecke bis zur Seilbahn konnten sie teilweise hinunter fahren. Michael fuhr bis ins Tal unterhalb der Seilbahntrasse, Yvonne schaute ihm von der Kabine aus zu.
Die Beziehung hielt bis in den Sommer. Yvonne war sehr verliebt und hoffte, dass sie noch lange mit Michael zusammen sein wird. Aber eines Tages gestand er ihr, dass er ein Kind hat, zur Mutter ziehen wird und sein Doppelleben aufgeben möchte, Familie und Karriere seinen ihm wichtiger. Yvonne war sehr traurig, aber nur kurz, bald fand sich ein neuer Liebhaber, dem noch viele folgten.
*
© 2022 Anna B.
Alle Rechte vorbehalten