die soldaten spielen im kasernenhof szenen aus dem ´sommernachtatraum`; um zu üben, wie man in kalten wintern in kasernen überlebt. wenn die heimat in schneestürmen versinkt.
soldaten tragen uniformen, damit man erkennt, dass sie soldaten sind. in der freizeit hängen die soldatenuniformen in den militärspinden. mit dem general wird die uniform zu einer legende. wobei ein general in der heimat äußerst angesehen ist.
kriege bringen fronten mit sich. im heimaturlaub der soldaten ist die front verwaist. da nützt auch die geplante aufstockung von frontex nichts.
ein soldat ist kein waisenknabe. die soldatinnen sind in karenz: karenz vor krieg. mit dem hauptmann beginnt das mannsein.
besonders im winter kann es an der front recht kalt werden. und das nicht nur im kalten krieg. die friedensaktivisten versuchen, den kalten krieg in den sommer zu verlegen; oder ihn in zeiten des klimawandels zum schmelzen zu bringen.
im winter bewerfen sich die soldaten mit schneebällen, damit sie sich bewegen und so weniger frieren. wenn der frost vorbei ist, steigt der frust, weil sonderurlaube kaum genehmigt werden. tauwetter in der heimat erinnert an alte gefriertruhen.
mit der begründung, dass krieg ist, wartet man auf den herbst. zur zeit der ersten herbstzeitlosen werden die ersten geschichten erfunden. wer auf geschichten verzichtet, hat es sich abgewöhnt, krieg zu spielen.
die sache sei zu ernst, um befehle zu begrüßen. die kaserne aber ist ein befehl. befehlsgewalten gehen von schreibtischen aus. karten & pläne auf schreibtischen können kopfweh verursachen. ein heimaturlaub ist am ehesten bei migräneanfällen möglich. wenn karten zu kriegen werden, so ist das spiel vorbei. planwirtschaft am ehesten noch kriege schafft.
der leutnant drillt die soldaten im kasernenhof. der klang von trillerpfeifen kann zur qual werden. zu viel kaserne kann auch kopfschmerzen verursachen. soldaten mit kopfschmerzen gehören nicht an die front: ist die meinung des hauptmannes.
der leutnant schaut auf die uhr und fragt die wache, wie spät es ist. der zeiger der uhr überspringt die letzte stunde. in den ersten morgenstunden muss der fluss überquert werden, weil er die frontlinie bildet. wem die stunde schlägt: es ist wie ein schlag ins gesicht.
kopfschmerzen im krieg sind ärger als blasen an den füßen. mit soldatenstiefeln ist nicht zu spaßen.
an der front gibt es keinen frisör (friseur). daher ist bei den soldaten ein kurzhaarschnitt angesagt. in den toiletten spielen sich wundersame dinge ab.
es passiert häufig, dass im stacheldrahtverhau alte geschichten gefunden werden. die front ist ein stacheldraht, an dem die briefträger den soldaten nachrichten aus der heimat hinterlassen.
die heimat ist zu einer hinterlassenschaft geworden. der friede wird im krieg zurück gelassen. in manchen ländern / staaten gehören kriegsspiele zur heimattreue. auch wenn kriege nur gespielt werden, weiß man in der heimat oft nicht, wohin mit den kriegsgefangenen.
in den kasernen der heimat ist samstag ruhetag. am sonntag sind viele soldaten im offizierscasino. am nächsten montag müssen sie wieder an der front sein.
das gewöhnliche volk (plebs plebis) kennt den krieg nur vom hören-sagen. man weiß nur im groben, was sich dort abspielt. oft ist von schrecklichen dingen die rede. die generalität ist bemüht, ihre kriegsspiele nach möglichkeit geheim zu halten.
mit dem ende des krieges haben auch die heimatlichen kriegsspiele ein ende. dass kriegsspiele nur erfunden sein könnten, sei nur ein hartnäckiges gerücht, das niemand glauben will.
recht & ordnung kann bei kriegsspielen nur allzu leicht unter die räder kommen. wobei man sich bei den heimatlichen gerichten aber nicht auf gerechtigkeit verlassen sollte.
für deserteure sind kriegsspiele ein no-go.
dort, wo die tradition anfängt, begann früher die heimat. den deserteur interessiert kein heimatleuchten. der, der seiner heimat den rücken kehrt, sei ein deserteur; sagen die einen. für die anderen ist ein deserteur ein held, der dem krieg die rote karte zeigt. puncto heimat ist die rk (rote karte) ein no-go.
für all jene, die stets bestrebt sind, recht & ordnung konsequent um- & durchzusetzen und für die gerechtigkeit an vorderster stelle steht, für die wird es immer schwieriger, in einer heimat zu leben, die diese werte nicht (mehr) voll vertritt.
halbherzigkeit mag zwar besser als herzlosigkeit sein, doch das halbe kann nicht das ganze ersetzen. für den deserteur gibt es keine halbherzigkeiten: entweder — oder: entweder die flucht auf die andere seite des stacheldrahtes; oder das leben endet im stacheldraht. das leben eines deserteurs ist kein leichtes, dafür aber ein gefährliches und oft auch kurzes.
mancher deserteur bekommt posthum in seiner heimat ein denkmal. andere werden in der heimat vergessen; dafür erinnert man sich eventuell andernorts an sie. obwohl das alles dem deserteur, der sein desertieren mit seinem leben bezahlt hat, egal sein kann: sowohl das denkmal als auch die heimat und sein ruf. wobei deserteure selbst kaum rufen und auch nicht gerufen werden.
wenn sie in der heimat vergessen werden, so wächst alsbald gras über ihre gräber. vielleicht sind die grabsteine schon umgefallen. heimat kann am ehesten dort sein, wo gras auf den dächern wächst.
der deserteur schwört auf die flucht. sie ist für ihn eine chance. für den deserteur ist der eid eine lüge. die lüge des deserteurs ist für seine gegner verrat. ein deserteur hat mehr gegner, als der tag minuten.
der berg ruft: doch meistens müssen die, die diesem ruf folgen, zuerst den wald durchqueren. und dabei müssen sie teuflisch aufpassen, dass sie sich nicht über liegendes totholz stolpern. der holprige weg wird zu einer stolprigen angelegenheit. meilensteine – stolpersteine: des einen freud, des anderen leid.
und an der front: tote soldaten neben toten bäumen. wald mit verbrannten, toten bäumen. abgebrannt bis auf den blanken boden. bäume & sträucher wurden niedergebrannt, um dem feind – aber auch dem deserteur – kein versteck zu bieten. totholz taugt zwar zum verbrennen, nicht aber zum verstecken. der deserteur flüchtet richtung wald, um sich dort zu verstecken. grüne bäume und sträucher wähnt er als versteck. er weiß noch nicht, dass das feuer sie getötet hat.
leider ist seine flucht von unvorsicht begleitet: er stolpert über den stacheldraht, der die parallele zur frontlinie markiert. es war ihm nicht vergönnt, den wald, der für ihn schutz bedeutete, zu erreichen. doch ein wald voll von totholz hätte ihn auch nicht schützen können.
deserteure leben i. d. r. auch nicht allzu lange; sie sterben zumeist bald und einsam – auch ohne stolpern: ein toter deserteur. heimat bist du, großer söhne und töchter, nicht aber verräterischer deserteure…
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© 2022 Heinz Erich Hengel (Text & Bild)
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