Du sagst …

Von Eva Joan

Du sagst …

ich soll schreiben
über das was mich berührt
was ich liebe …

über die Magie
von Musik von Poesie
den breiten
rauschenden Fluß der Zeit
über den Wintersturm
der keine Gnade kennt
das Grau das lebt
zwischen Schwarz und Weiß
über die Wärme deiner Stimme
ganz nah an meinen Lippen
die Stille der Nacht und
das abgrundtiefe Schweigen
der Steine
die knisternden Momente
wenn mein Spiegelbild
in deinem blauen Blick ertrinkt
über die Bruchstücke
tief vergraben in meinem Inneren
über Geister der Vergangenheit
und über das erste
blasse Licht der Hoffnung
am anderen Ende der Nacht

*

© 2023 Eva Joan
Alle Rechte vorbehalten

Der Zug

Von Maximilian Fischer

Der Ohnmacht folgt die Wut
Wut auf meinen fehlenden Mut
Die keine Grenzen kennt
Hass, der in meinem Herzen brennt

Da mich die Ganzheit vom Glück trennt
Und Hoffnung am Galgen hängt
Da das Leid sich in mir suhlt
Und das Leben nicht rückwärts spult

Atmet in mir eine Glut
Da verhallt leis ein Gruß
Der Schmerzen dämpft
Mich durchs Dunkel lenkt

Es ist das Sterben, das drängt
Der Tod meinen Namen nennt
Da fließt das warme Blut
Wird zur reißenden Flut

Es ist der letzte Zug
Der nicht fahrplanmäßig bremst

*

© 2023 Maximilian Fischer
Alle Rechte vorbehalten

Die Erschaffung der Katze – Eine Ballade zum Tun des Menschen

Von Hans Peter Flückiger

«Prachtvoll bist du geworden!
Die Krone der Schöpfung sollst du sein.»
Erfreut spricht’s Gott der Herr:
«Du liebste aller Kreaturen mein.
Wie lieb’ ich dich so sehr.»
Der Welten erster Morgen.

Neid – des Herzens grösste Pein.
Kain kann’s nicht ertragen –
erschlägt den Bruder Abel.
«Kain, darf ich dich nach diesem fragen?»
«Was soll denn dies Gebrabbel?
Soll ich meines Bruders Hüter sein?»

«Der Menschen Tun ist ein Problem.
Vom Himmel aus ist das zu sehn.
Mein Messias solls auf Erden richten.
Ich hoff’, die Menschen werden dies verstehn.»
«Wir wollen den mitnichten.
Hinweg mit dem.»

«Mit den Menschen war ich schlecht beraten.
Wahrlich, alles für die Katz’.
Ihr seid mir geblieben.
Ich gebe euch des Menschen Platz.
Gehet hin im Frieden.
Ohne Mord und Totschlag, Missetaten.»

*

© 2023 Hans Peter Flückiger (Text & Bild)
Alle Rechte vorbehalten

https://geschichten-gegen-langeweile.com

Ich möchte nicht umgetopft werden.

Von Lena Kelm

Ich habe meine Lieblingsblume
umgetopft,
grün und glücklich
mit all ihren Wurzeln.

Sie hat nicht überlebt –
Wurzeln verkrümmt,
Blätter vergilbt und verwelkt
im Designertopf.

Bewässert, gepflegt und bewacht,
die Blume welkte dahin
Tag für Tag, Nacht für Nacht,
um die „heimische“ Erde gebracht.

Ich möchte nicht umgetopft
eingehen.
Ich fürchte: meine Wurzeln
werden nicht überleben.

Monikas Version

Wie meine Lieblingsblume
grün und glücklich-mit all ihren Wurzeln

habe ich umgetopft
in einen Designertopf

bewässert, gepflegt und bewacht
Tag für Tag, Nacht für Nacht

Blätter welkten, Wurzeln verkrümmten
die Blume war tot

Ich habe sie
um die heimische Erde gebracht

Ich möchte nicht
umgetopft eingehen

Ich fürchte, meine Wurzeln
würden nicht überleben.

*

© 2023 Lena Kelm
Alle Rechte vorbehalten

Young Men

Von Beat Meyenhofer

What is the stuff young men are made of?
At first glance, you might take them for true heroes,
Sitting in pole position, ready to conquer the world.
They seem so daring, yet show a shaky side all the while.
Do they think they know everything? – They tend to.

Some try to run before they can walk
Cutting out that man and mistake go hand in hand
They talk down the relevance of detail – and fail.
Meanwhile, a new vitamin is being brought into play
It’s called “offering privileges on a grand scale”:

Young men are forgiven by their parents year in, year out
Excused by their best friends – of course! Why not?
Forgiven by their teachers time and again
Pardoned by their mentors simply all the time:
Oh gosh – the perfect world must have come upon us!

Some people think the lads be entitled to certain privileges
Just like little princes find theirs in cosy cushion cradles.
Instead of challenging the guys, the seniors pat shoulders
They pride themselves on coddling the boys beyond measure
And doing so, they put all hopes on a plan bound to backfire.

Young men must struggle and take their hurdles.
There’s no point in petty fighting left and right,
Without learning
Without yearning for
A splinter of a better self to be gained in each fight.

Whatever you do, young man, do it with passion!
Stay firm no matter how bumpy the road.
Reach out to others when you see them stumble,
Be ready to share the shoots of your experience.
Have faith in yourself, never put life onto the shelf!

*

© 2023 Beat Meyenhofer
All rights reserved

Anmerkung der Textmanege-Redaktion: Auf besonderen Wunsch von Beat Meyenhofer haben wir sein auf Englisch verfasstes Gedicht veröffentlicht. Dies ist aber eine Ausnahme. Wir veröffentlichen ansonsten nur deutschsprachige Texte.

Carpe Diem.

Von Walther Stonet

Der Ruf des Milan reißt die Ruhe aus der Stille:
Sie hängt in Fetzen aus dem Blau der drögen Schwüle.
Ich selbst weiß nichts, schon gar nicht, was ich grade fühle.
Ich weiß nur eins: Bewegung ist mein letzter Wille.

Der Schrei des Falken sticht in die Zu-Matt-Gefühle,
Die sich aus einer Platte schlängeln. Eine Rille
Je Sommerhit, der gleiche Beat, das gleiche schrille
Gekreische aus der dumpfen Strandbar, und ich wühle

In mir nach einem Mittelpunkt, der das vertreibt,
Was in mir brodelt, weil ich jenen Tag nicht finde,
Der sich durch seichtes Nichtstun abends selbst entleibt

Und feuerrot im Meer versinkt. Ob Palme oder Linde:
Der Schatten soll mich fressen, dass nichts übrigbleibt.
Ich will nicht nur der Taube sein, nein, auch der Blinde.

*

© 2023 Walther Stonet
Alle Rechte vorbehalten

Leuchtet. Wartet. Neckt.

Von Walther Stonet

Sie bricht am Ende auch durch das Bitumen,
Entfaltet sich und strebt dem Blau entgegen:
Sie ist der Grund, den Tod zu widerlegen.
Selbst fast verdorrt ruht sie in Sand und Krumen,

Auf dass er komme, jener warme Regen,
Der sie aus ihrem tiefen Schlaf erwecke.
Sie ist viel mehr als Nutzen oder Zwecke
Und sprengt Systeme: Ja, du musst sie pflegen,

Du musst sie hegen, in ihr denken, leben.
Sie blüht und ist die Schönste aller Blumen
Und will nicht nehmen; sie will immer geben.

Ganz warm umgibt sie dich, wie eine Decke:
Sie leuchtet hell, man misst sie nicht in Lumen,
Und wartet drauf, dass sie der Liebste necke.

*

 
© 2023 Walther Stonet
Alle Rechte vorbehalten

Uranüsse Knacken

Von Walther Stonet

Er dreht sich langsam, vierundachtzig Jahre,
Um seine Achse: Nennt man das rotieren?
Da kann ein Präsident zur Reife ja sautieren;
So mancher Mensch liegt vorher auf der Bahre!

Beim Drehen sehn die Monde in das klare
Und tiefe Blau. Man kann die Zahl notieren,
Sie nach und nach in dieses Bild dotieren,
Als wären sie die einzig wahre Ware.

Man gibt die Ringe noch hinzu; am Pol
Die weiße Kappe schwebt im Gas des Riesen.
Ist das der Uranus? Man sieht ihn wohl

Im Teleskop? Bald folgen Expertisen.
Dabei ist der Planet bloß ein Symbol:
Aus was er ist, das ist noch nicht erwiesen.

* https://www.spiegel.de/wissenschaft…5-4aaf-a405-7a79cb20bbea?sara_ref=re-xx-cp-sh
https://twitter.com/NASAWebb/status/1643979562391592962

*

© 2023 Walther Stonet
Alle Rechte vorbehalten

Aus. Zeit. Acht.

Von Walther Stonet

Ich nehme eine leere Tasse.
In die kommt jene braune Masse,
Aus der sich Kaffeeduft entkräuselt.
Auf einmal scheint’s, dass alles säuselt,
Dass aller Ärger sich vernebelt:
Der blöde Stress ist ausgehebelt.
Ich sitze, trinke, denke: So!
Die Kaffeeauszeit – macht die froh!

*
 © 2023 Walther Stonet
Alle Rechte vorbehalten

 Walther Stonet
Autor, Publizist, Herausgeber
walther@gedankenlieder.de
https://waltherversum.com/
https://bruehlsdorf.com/
https://batgenes.com/
gedankenlieder.de

Die Farben

Von Irena Habalik

Gar nicht von oben fällt das Königsblau im Nu färben
sich die Kleider öffnen die Knöpfe zeigen das Weich-
geformte
von der Seite Nepalgelb im Galopp verfängt sich
an der Pforte Turners Ocker mit einem Anflug von
Umbra landet auf der Korde von dort wird es
zurückgeschubst dazwischen drängt sich das Magenta
rückt nach vorne die Topfarbe will es sein
Kadmiumrot dabei
irritiert ist der Kopf steht doch dieser Ton aufs Verbot
nicht hier im Strudel der Farben
die sind aus einem Kreativgeschäft ausgebrochen
toben sich im Freien es tropft dropping
der Pollocks Jüngste tänzelt um die Leinwand Erde
spritzt gießt
Indigo Vandyckbraun wer einen Eimer hat macht es nach
bis es gischt in Azoviolett posieren Gullys Souterrains
sowieso das Furniergrau verschwindet jetzt platscht
Hookers Grün ins Spiel
nichts kann sie aufhalten diese Farben wer schnell ist
schnappt sich Zichorienweiß gemixt mit Fendorosa
silbergetüncht tupft es sich auf die Stirn
bis es schimmert schön wie eine Rosette

*

© 2023 Irena Habalik
Alle Rechte vorbehalten