Von Johannes Morschl
Vor einigen Tagen hatte ein Astronom ein rätselhaftes Geräusch aus der Richtung des Sternbilds Kassiopeia empfangen, das so ganz anders war als das kosmische Rauschen, mit dem er es sonst zu tun hatte. Er vermutete, dass das rätselhafte Geräusch nicht natürlichen Ursprungs war. Aber welchen Ursprungs dann?
Als Kalle K. dies in der Zeitung las, stieg eine dunkle Ahnung in ihm auf. Konnte es sein, dass dieses rätselhafte Geräusch von ihm stammte? War er im Widerspruch zu allen Gesetzen der Physik und überhaupt zu allen Gesetzen gleichzeitig so hoch dort oben und so tief hier unten? Er erwarb übers Internet ein einigermaßen erschwingliches Teleskop für Hobby-Astronomen und beobachtete bei klarem Sternenhimmel die Kassiopeia, deren fünf Hauptsterne ein W bzw. ein M bilden, je nachdem, von welchem Ort auf der Erde aus man sie beobachtet.
Zunächst konnte er nichts entdecken, das darauf hinwies, dass er irgendwo dort oben ebenfalls existierte. Als er aber in der Nähe des Sterns Achird, der nur 19 Lichtjahre von der Erde entfernt ist, ein auffallend blinkendes Pünktchen entdeckte, welches ihm sonderbar vertraut vorkam, schlug der Blitz einer ungeheuerlichen Erkenntnis in ihm ein: „Das bin ich! Ich blinke mir zu!“ Er begann vor Begeisterung herumzuhüpfen und war mächtig stolz auf sich, es als bisher einziger Mensch geschafft zu haben, in völligem Widerspruch zu den Gesetzen der Physik und überhaupt zu allen Gesetzen gleichzeitig so hoch dort oben und so tief hier unten zu leben.
Am nächsten Tag beschloss Kalle K., seine Existenz auf der Erde eigenhändig zu beenden und nur noch im Sternbild Kassiopeia zu leben.
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© 2022 Johannes Morschl
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